Fragen:  Jürgen Winterheller   |   Antworten:  Kaiadas   |   Übersetzung:  -   |   Datum:  16.11.2008


Naer Mataron

Gleich zu Beginn möchte ich euch zu eurem jüngsten Release gratulieren – wirklich gute Arbeit!

Du bist sehr höflich, weil du der erste bist, der mir zu Beginn des Interviews zum Album gratuliert. Normalerweise startet jeder gleich mit der ersten Frage. Danke dafür.

Was geht so ab bei euch in Griechenland. Seid ihr schon in der richtigen Stimmung für die bevorstehende EURO 2008? Denkt ihr, dass euer Team den Titel verteidigen kann, oder wer zählt für euch zu den Favoriten?

Ich denke beim letzten Mal sind unsere Fußballer über ihre Grenzen hinausgewachsen. Ich denke nicht, dass uns etwas derartig großartiges noch einmal widerfahren wird, obwohl wir uns alle wünschen, dass es so wäre. Dieser Triumph ließ uns unsere alltäglichen Probleme für einige Zeit vergessen. Dieses Jahr wissen unsere Gegner schon wie unsere Spielweise ist und das macht es für unser Team natürlich schwieriger wieder an die Spitze zu gelangen. Ich möchte aber daran glauben, dass Rehagel seinen Zauber erneut verbreiten kann. Wenn dieser Mann jemals zu einer nationalen Wahl antritt, würden ihn alle wählen.

Ein Punkt interessiert mich wirklich brennend und ich würde gerne mehr darüber in Erfahrung bringen: Ihr seid eine alteingesessene griechische Black Metal Band, die nun seit 14 Jahren ihr Unwesen treibt und wagt es so ganz und gar nicht wie die bekannten Vertreter aus eurer Heimat zu klingen. Für mich seid ihr eher ein höllischer Hybrid aus Norwegischen, Finnischen und Schwedischen Haudegen. Würdet ihr das so unterschreiben und wenn ja, welche Gründe gibt es, dass ihr so überhaupt nicht „heimisch“ klingen wollt?

Das macht uns hierzulande unpopulär, weil jemand, der auf den skandinavischen Sound steht auch Interesse an Skandinavischen Bands zeigen wird. Der Sound von Rotting Christ und Varathron war unser nationales Black Metal Markenzeichen bis ins Jahr 1994, als wir angefangen haben. Wir waren durch unseren Sound die schwarzen Schafe in der Szene, da viele Leute gedacht haben, dass wir lediglich den norwegischen Sound kopieren würden. Doch die Dinge scheinen heutzutage anders, als sie wirklich sind, da viele Bands die heute erfolgreich sind, unser Demotape hörten, bevor sie sich in der weltweiten Musikindustrie etablieren konnten. Wir hatten damals einfach noch nicht die Popularität die wir benötigt hätten.

Was bedeutet NAER MATARON – erstmal die eigentliche Übersetzung der beiden Worte und zudem die Bedeutung für euch?

Die Bedeutung haben wir aus der Sumerischen Tradition übernommen. Die korrekte Aussprache ist Nar Mattaru und bedeutet Abgrund, Totenreich oder Unterwelt. Als wir angefangen hatten waren wir einfach beeindruckt von diesem Namen, da viele Bands zur damaligen Zeit, wie Marduk, Absu oder Tiamat, solche Namen verwendet haben. Wir sind in jedem Song den wir schreiben von der alten Welt inspiriert. Ich bin der Meinung, dass der moderne Mensch von Zeit zu Zeit einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen sollte, da es sich herausgestellt hat, dass sich in der Geschichte die meisten Vorgänge wiederholen und dies der einzige Weg ist, Fehler zu vermeiden, die wir in der Vergangenheit begangen haben.

Eure Texte basieren zum Großteil auf der griechischen Mythologie und dem alten Pantheon, doch zu meiner Überraschung ist der Titel des neuen Werkes „Praetorians“. Die Prätorianer waren jedoch die Leibwache der römischen Kaiser – also warum habt ihr euch für diesen Titel entschieden, oder gibt es hier eine unbekannte Verbindung mit der Hellenischen Geschichte?

Nein, ich bin kein großer Fan der Römer. Der Albumtitel hat eine komplett andere Bedeutung für uns. Es geht uns um das Wesentliche des Ordens der Prätorianer, dass sie nämlich viel hingebungsvoller der Sache selbst waren, als dem Kaiser. Es kam mitunter auch vor, dass sie selbst den Kaiser beseitigten, wenn sie ihn des Verrates, an für sie wichtigen Dingen, für schuldig befunden hatten. Wir sehen uns als Prätorianer der Musik die wir spielen und für die grundlegenden Dinge für die sie steht. Das bedeutet, dass wenn die Bands immer softer, glatt polierter und massentauglicher werden, wir als Prätorianer die Ideologie des Black Metal verteidigen werden.

Wie wichtig sind die Lyrics für euch überhaupt? Sind sie eine reine Begleiterscheinung der Musik, oder nehmen sie einen ähnlich wichtigen Part ein?

Die Texte sind für mich wie das Alpha und Omega. Wir sind alle sehr fokussiert auf die Lyrics, da wir versuchen eine gewisse Botschaft an die Jugend zu übermitteln. Es ist großartig, wenn Fans nach einer Show zu uns kommen, um über die Texte zu sprechen, da wir dadurch einen direkten Kontakt mit ihnen aufbauen können.

Ist das neue Album auf ein Konzept aufgebaut – wenn ja auf welches?

„Praetorians“ ist kein Konzeptalbum. Es ist sehr schwierig ein Konzeptalbum zu kreieren, dem schlussendlich nicht irgendwie etwas Komisches anhaftet. Bei uns hat aber gewisserweise jeder Track ein eigenes Konzept.

Einige Passagen auf „Praetorians“ haben einen leichten Death Metal Touch – was das beabsichtigt?

Das hast du bemerkt? Ich will dich nicht anlügen. Es gibt uns irgendwie ein behagliches Gefühl, wenn wir einige dieser Parts einbauen. Kann sein, dass es einige alte Fans stören wird, aber die meisten werden sich sicher damit abfinden können. Ich denke aber auch, dass unser Sound heute als brutaler Black Metal stilisiert werden kann.

Wie steht ihr zur großen Anzahl von Black Metal Bands (od. Solokünstler), die Satan preisen und dadurch in gewisser Art und Weise dasselbe Leben wie Christen, Moslems oder Buddhisten leben? Ist das nicht auch irgendwie ein Zeichen von Schwäche?

Viele satanische Black Metal Bands benutzen die Figur des Satans, weil sie von der christlichen Religion so überliefert wird. Aber das ist jedoch nur die andere Seite derselben Münze – gut und böse. Die Wurzeln des Christentums, Islam und des Satanismus sind jedoch dadurch dieselben. In keiner der traditionellen Religionen der Antike gibt es so etwas wie Gut oder Böse. Da ging es lediglich um Belange der Erde, der Sonne und der Gestirne. In Griechenland benannten die ersten Byzantinischen Christen alles was mit den alten Göttern und dem Weltbild der damaligen Zeit zu tun hatte mit dem Wort Satan. Man kann sagen, dass wir Lucifer anbeten, den Sohn der Morgendämmerung, die Ziegenfigur des großen Gott Pan.

Euer neues Material ist durchwegs sehr schnell gehalten. Ist dies euere Vorstellung wie Black Metal zu klingen hat oder gar die Quintessenz des Black Metal?

Wie ich schon früher bemerkt habe, wir fühlen den Black Metal in dieser Form und deswegen spielen wir ihn auch so. Ich pushe mich nicht extra, um ein brutales Album erschaffen zu können, das kommt ganz von selbst. Wenn ich morgen den Drang verspüre Suicide Black Metal zu spielen, werde ich das machen, ohne mir darüber große Gedanke zu machen. Ich glaube, dass echter Black Metal jener Black Metal ist, der direkt aus dem Herzen der Musiker kommt, ohne verändert zu werden, nur um einem speziellen Zweck zu dienen. Und wenn eine Band das macht, merkt man dies in ihrer Musik und die Fans werden das ebenfalls bemerken. Ich kann das beurteilen, weil ich selbst auch ein Fan bin und mir Alben kaufe und dadurch jede Menge Beispiele kenne.

Griechenland ist bekannt für einen starken Bezug zur Griechisch Orthodoxen Kirche. Ist es eurer Ansicht nach schwieriger Auftrittsmöglichkeiten zu finden, als anderswo (den Vatikan einmal ausgenommen)? Wie ist es um den Untergrund bei euch bestellt?

Ich würde mal sagen, dass die Leute vor 15 Jahren noch konservativer im Bezug auf die Religion eingestellt waren. Vielleicht auch, weil sich die Orthodoxe Kirche seit der Zeit des Byzantinischen Reiches in die DNA der gesamten Nation geschlichen hat. Ich bin traurig darüber, dass dies nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ich glaube, dass die Leute diese Religion heute mehr denn je benötigen, gerade weil immer mehr schreckliche Dinge der Menschheit widerfahren. Deswegen wenden sie sich der Kirche zu, weil sie eine Art Schutz in ihr sehen und ihn sich erhoffen. Doch die heutige Jugend ist nicht mehr auf der Suche nach einem Messias. Soweit ich weiß, haben die Bands in unserem Land aber kein Problem mit der Kirche, höchstens mit einigen Friedhöfen…

Vor einiger Zeit habt ihr eurem alten Label Black Lotus den Rücken gekehrt und einen Deal mit Season Of Mist an Land gezogen. Welche Gründe waren für den Wechsel ausschlaggebend, gerade weil Black Lotus ja nicht mehr als einen Steinwurf von euch entfernt gelegen ist. Wie kam es zum neuen Deal und wie verläuft die Zusammenarbeit?

Black Lotus war mehr als ein Label für NAER MATARON. Wir kennen Magus seit vielen Jahren und die Tatsache, dass Black Lotus ihre Pforten geschlossen haben, war ein großer Verlust für die lokale Szene, gerade auch deswegen, weil es sonst keine ernsthaften Alternativen gibt. Nachdem dies beschlossene Sache war, haben wir mit einigen großen Labels Gespräche geführt und uns schlussendlich für Season Of Mist entschieden. Mit ein Grund für diese Entscheidung war sicherlich auch, dass ich gemerkt hatte, dass die meisten Alben der letzten Zeit die ich gekauft habe Veröffentlichungen von ihnen waren. Die Idee war dann, dass wir mit einem Label zusammenzuarbeiten die genau die Art von Musik veröffentlicht und fördert, die ich mir anhöre und dass sie dasselbe auch für uns machen würden. Die Leute von SOM sind allesamt sehr höflich und zuvorkommend und dies ist ein Zug, der mir viel bedeutet und zudem arbeiten sie äußert professionell.

Was gibt es zum Coverartwork zu berichten? Ist der verwesende (römische) Legionär als Metapher für den Untergang des Römischen Reiches zu sehen?

Das Cover zeigt Leichen von Prätorianer, die gerade als Zombies von ihren Gräbern auferstanden sind und einige von ihnen sind mit Runen unseres Runen-Baphometen gekennzeichnet. Sie übermitteln kurz gesagt unsere Bandideologie. Mit den Römern gibt es außer dem Coverartwork keine weitere Verbindung.

Auf der CD is ein Videoclip zum Song “Gallantry” enthalten, der für mich nicht unbedingt typisch Schwarzmetallisch umgesetzt wurde, da hier jede Menge Staub, Sand und atmosphärisches Licht zum Einsatz gelangen. Demnach würde ich den Clip eher zu einem spirituellen oder schamanischen Ritual zuordnen. Welche Grundidee steckt hinter der Umsetzung?

Das Video wurde in einer Höhle im Berg Penteli gedreht. Es gibt jede Menge Geschichten um die mysteriöse Höhle, die auch als Höhe des Davelis bekannt ist. Die Gerüchte variieren zwischen satanischen Ritualen (es stimmt, dass man Überreste von gewissen Ritualen von Zeit zu Zeit findet), magnetischen Störungen, UFOs und so weiter. Für mich war das der perfekte Platz, um das Video zu drehen.

Gibt es eine spezielle Botschaft, die ihr mit NAER MATARON vermitteln wollt?

Jedermann, der Kultur und Kunst erschafft, können sich als spirituelle Führer betrachten und sind demnach verpflichtet das Bewusstsein der anderen neu zu erwecken. Die spezielle Botschaft, die wir übermitteln wollen ist jene, dass die Menschen ihren Gedanken freien Lauf lassen sollen, ohne sich vom konstanten Fluss der Informationen beeinflussen zu lassen, der permanent über einen hereinbricht.

Was könnt ihr mir zum Songwritingprozess erzählen? Wer zeichnet sich für die Musik und die Texte verantwortlich?

Für die Texte bin ich verantwortlich. Die Musik leitet sich daraus her, dass wir permanentes Tape-trading betreiben, bis wir uns im Proberaum mit unserem Drummer zusammenfinden und den Liedern den letzten Schliff verpassen. Einzig Nordvargr hat freie Hand zu tun was er möchte, da alles was er aufnimmt komplett krank ist.

2006 habt ihr euch von Gründungsmitglied und Sänger Morphaes getrennt, dessen Platz daraufhin von Vicotnik aufgefüllt wurde – einer Person, die maßgeblichen Einfluss auf NAER MATARON genommen hat. Morphaes schloss sich einer norwegischen Band an, doch war dies wirklich der einzige Grund für die Trennung?

Als wir „Discipline Manifesto“ fertig gestellt hatten, war ich nicht vollkommen zufrieden damit. Ich begann sofort mit den Arbeiten am nächsten Projekt und präsentierte diese dem Rest der Band. Morphaes stellte sich danach selbst aus der Band, da er, und das sollte sich als richtige erweisen, überzeugt war, dass er die neue Ausrichtung der Band nicht mittragen könne. Eine Sache, die für Indra und Vicotnik kein Problem dargestellt haben.

Schon auf “Disicple Manifest” hat Vicotnik einige Parts beigesteuert - hat es damals schon Gespräche für einen eventuellen fixen Einstieg in die Band gegeben?

So etwas ist uns nicht in den Sinn gekommen. Aber selbst wenn, hätte ich ihn nicht darauf angesprochen, weil ich ihn respektiere und unsere gute Freundschaft dadurch nicht aufs Spiel setzen würde. Dies ist jetzt auch ein guter Zeitpunkt, um dir zu erklären, wie das alles seinen Lauf genommen hat. Als wir uns entschlossen mit ihm zu arbeiten, fragte er uns zuerst um ein Demo, damit er eine Vorstellung bekommen konnte wie das Album klingen würde. Er wusste von Begin an, dass wir keinen Sänger hatten. Die Gesangsspuren habe ich für das Demo übernommen. Als wir dann beim Aufnehmen der Vocals waren, fragte er nach, ob wir bereit wären ihn als Sänger zu nehmen. Ich dachte, dass ich sein Englisch nicht richtig verstehen würde und fragte Indra, ob er das auch gehört hätte… er sagte mir, dass ich schon richtig verstanden hätte.

Vicotnik, der unter anderem für seine Arbeit bei DODHEIMSGARD bekannt sein sollte, ist zudem der Produzent des neuen Albums. War die Aufnahmesession mit ihm, gerade weil er für die Band seit jeher eine wichtige Rolle eingenommen hat, ein besonderes Erlebnis, oder eher Business as usual?

Es ist für einen Musiker eine große Ehre, wenn man mit jemanden zusammenarbeiten kann, der ihn persönlich sehr beeinflusst hat. Dies ist eine Begebenheit, die nicht jedem zuteil wird. Wir kannten Vicotnik schon seit etlichen Jahren, aber gemeinsam an einem Album zu arbeiten war schon etwas ganz anderes. Es ist irgendwie, als wenn man sich in einer Irrenanstalt befindet. Da gibt es keine Gesetzte, Grenzen, Logik, Tag oder Nacht. Nur Vicotnik kann die Uhren stellen und ebenso unsere Frustrationen, wenn er es möchte. Die Songs haben wir mit ihm komplettiert und den Feinschliff haben wir mithilfe seiner Ratschläge getätigt, die allesamt die richtigen waren.

Wie verliefen die Aufnahmen? Ging alles glatt, oder hattet ihr mit Problemen zu kämpfen?

Ich kann sagen, dass zum ersten Mal alles zu 100% gestimmt hat. Das größte Problem war der Mangel an Zeit, den wir hatten. Wir hatten 17 Tage für die Aufnahme, sodass wir bis zu 20 Stunden am Tag gearbeitet haben, um ein Album zu erschaffen, das am oberen Level angesiedelt ist. Bedenke, dass es niemals dunkel wurde, die Nächte dauerten lediglich eine halbe Stunde. Du konntest gerade aufs Klo gehen und hast schon die ganze Nacht verloren. Natürlich war Vicotnik in seinem eigenen Universum, wie er es immer ist 

Was passiert so in eurer heimischen Szene, gibt es hier nennenswerte Bands, die reif für einen Durchbruch wären?

Im Grunde genommen ist hier alles beschissen. Keine Labels, keine Clubs, die richtig gut ausgestattet sind, und alle Bands küssen Rotting Christ den Arsch, anstatt den Fakt zu berücksichtigen, das Rotting Christ erst zu dem geworden sind, weil sich hart dafür gearbeitet haben. Das ist die Realität bei uns.

Wie sehen eure Pläne für die nahe Zukunft aus?

Wir würden gerne eine starke Tour durch Europa machen. Ich hoffe, dass dies auch diesen Oktober geschehen wird, aber ich kann dir an dieser Stelle leider noch keine Details darüber verraten. Wie auch immer, wir können es kaum erwarten die Bühnen zu entern, um euch die Hölle zu bringen

Gibt es sonst irgendetwas interessantes, dass du den Fans mitteilen möchtest – quasi die berühmten letzten Worte?

Nehmt euch in Acht, bevor wir in der Nacht zurückkehren! Besucht unsere Homepage: www.naermataron.com

Danke für deine Zeit und alles gute für die Zukunft.

Danke auch dir.



Gelesen: 686x (seit 16.11.2008)


[
ZURÜCK ZUR ÜBERSICHT]

^^^
© Copyright bei BlackMetal.at - Impressum | Datenschutzerklärung | Facebook