Auf ihrem neuen Album versuchen The Great Old Ones, die ambivalente Kraft dieses Wortes in ihre Musik zu übertragen. Schon der Opener "Je ne suis pas fou" ("Ich bin nicht wahnsinnig") ist so feurig, strebend und leidenschaftlich, wie man es vom unterkühlten Black Metal kaum kennt. Besonders die Keys kommen auf diesem Album grandios zum Einsatz: nie episch-pathetisch oder symphonisch überladen, sondern als über den rasenden Blastbeat hinweggleitende Klangwolke, die ans Post-Genre erinnert. Um als Post-Black Metal zu gelten, sind The Great Old Ones aber zu wahnhaft, zu besessen. Verträumt? Nicht mehr. Wie eine Ahnung, ein nahender Sturm am Ende der Welt klingt dieses Album. Fließend der Übergang zur zweiten Nummer "Antarctica", und spätestens bei den Titeln "The Elder Things" und "Awakening" wird klar, dass The Great Old Ones tatsächlich Lovecrafts Berge des Wahnsinns vertonen. Das Ergebnis ist bedrohlich und imposant. Auf geladene Passagen apokalyptischer Riffs folgen Momente fast nachdenklichen Sprechgesangs in Französisch – einer Sprache, die zu sanft erscheint für die Kälte des Schauplatzes, die aber gut das Geheimnis ausdrückt, das sich nach wie vor um "Tekeli-li!" rankt. Ob man mit der mythischen Erzählung hinter dem Album vertraut ist, spielt aber keine Rolle: Zeichen dafür, dass The Great Old Ones ein fantastisches Album abgeliefert haben. Die dunklen Stücke schreiben ihre eigene Geschichte. Wie in einer Unterwelt mit Sonne sorgen die musikalischen Glanzlichter für Schatten an der Wand – oder um extratextlich zu Platon zu schwenken, hinter sechs harmonischen Nummern steht eine große Idee. Auf "Tekeli-li" könnten es H. P. Lovecrafts Berge des Wahnsinns sein. Vielleicht ist aber die Prosa auch wieder nur Metapher, und was tatsächlich thematisiert wird, sind der drohende Untergang der Welt und die Auslöschung der Menschheit. Im enormen, knapp 18-minütigen Finale "Behind the Mountains" schiebt sich ein dunkler Himmel über den akustischen Horizont. In der Gewalt schwingt Andacht mit, und die Andeutung des Endes hat etwas Zyklisches: Als Moment, der vielleicht anderen – neuen – Alten Wesen Raum geben wird, Zivilisation zu erschaffen. Auf diesem fantasievollen Konzeptalbum wird Bedrohung erschreckend real und der Zuhörer seiner eigenen Nichtigkeit gewahr. Hörgenuss ist dennoch gestattet. FAZIT: Ein großer Wurf: Bedeutungsschwanger und mythologisch aufgeladen überzeugt "Tekeli-li" inhaltlich wie musikalisch durch Lyrik, Leidenschaft und keine Scheu vor Epik – und verlässt dabei doch nie den düsteren Pfad von fein ausgereiftem Black Metal.
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