Dann plötzlich überraschen die Italiener: mit Gitarrensoli, schaumgebremsten Clean-Gesang-Parts. Die Leadgitarre entwickelt sich von Track zu Track zum Instrument, das die Scheibe trägt, und immer dann, wenn sie sich zu elegischen Höhen hinanwindet, ist sie am Überzeugendsten. "Sentiero II: Ceneri" stellt sich letztlich doch nicht als die reine, reißende Black-Metal-Scheibe heraus, die man zu Anfang vermutet. Wer zwischen dem Kugelhagel mal eine Pause einlegen will, kriegt sie hier auch. Die Tempowechsel sind befriedigend, erfrischen und erzeugen in Stücken wie dem 9-minütigen "Parallels" beachtlich Atmosphäre. Hier gibt es doch noch Hinweise auf die Vielschichtigkeit der Band. Das letzte (und leider einzige italienische) Stück fällt fast völlig aus der Reihe. Die kontemplative und beruhigte Komposition "Ceneri" eröffnet eine Tiefe, die die vorangehenden bestenfalls angedeutet haben – dennoch funktioniert sie wahrscheinlich genau wegen ihrer Einsamkeit. Auch wünscht man sich jetzt, Deadly Carnage hätten öfter auf englische Plattitüden verzichtet und ihrer Landessprache mehr Raum gegeben. Nach mehrmaligem Anhören offenbart sich mir auch zunehmend das Potenzial der Band. Da ist es schade, dass "Sentiero II: Ceneri" derart geschliffen und poliert wurde, dass es die schwarzmetallische Kälte nie ganz erreicht und in seiner Individualität zu vorsichtig bleibt. Mehr Mut und Italienisch, bitte! FAZIT: Solide Black-Metal-Platte mit Glanzlichtern, die dem kreativen Potenzial der Band aber nicht ganz gerecht wird.
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