Zum einen hat es - aus puristischen Gründen - kein groß angelegtes Remastering aller hier vertretenen Werke gegeben, die schon leicht abgefahrenen Bänder haben jedoch keine wichtigen Details im rauschenden Meer zurückgelassen. Ab und zu knackst es zwar, im Großen und Ganzen kann man indes eine fast ungestörte Zeitreise machen. Ein weiteres charakteristisches Merkmal wäre die schlichte Aufmachung: Lyrics, unveröffentlichtes Bildmaterial oder ausladende Biografien wurden weglassen, stattdessen gibt es wichtige Infos zu jedem Kapitel sowie Fotos zu den vier Mitgliedern, die die ganze Zeit über in der Band tätig waren. Das mag Vorteile wie Nachteile haben, mir jedenfalls zeigt diese Gestaltung, dass der Fokus des Käufers auf der Musik selbst liegen soll. Und diese zeigt vor allem eines: Sie hätte durchaus ihre Daseinsberechtigung in den Gehörgängen dieser Welt (gehabt). Den Anfang macht "Av Hedenske Blod", das melodischste Werk auf dieser Zusammenstellung. Hoch säuselnde Gitarren mit vorüberwiegend melancholisch-kämpferischen Ideen gehen mit wirklich dezenter Hintergrundbeschallungen durch Keyboards Hand in Hand, akustische Einwürfe samt synthetischer Unterstützung lockern das vorüberwiegend schnelle Geschehen auf, wobei auf schleichende Brückenschläge natürlich nicht verzichtet wurde. Dem hier ausschließlich krächzenden Vokalisten fehlt ebensowenig an Kraft wie den fünf Kompositionen selbst, deren qualitativ herausragendes Wechselspiel zwischen atmosphärischen, unendlich traurigen Mid-Tempo-Passagen sowie meist hasserfüllt-rasenden Abschnitten einfach umwerfend klingt. Beim letzten Stück ist die schwelgerische, durch sehr gelungenen Akustik- und Tasteneinsatz erzeugte Atmosphäre erdrückend schön. Unterm Strich ein Geheimtipp, der eigentlich keiner sein sollte. (9 Punkte) Bei dem gleich darauffolgenden Vierteiler "Nightplay" hat die Mannschaft der Synthetik komplett abgeschworen, was angesichts der superben Leistung des voran gegangenen CD-Abschnitts absolut unverständlich ist. Dafür hat das Quartett - quasi als "Entschädigung" - das Hauptaugenmerk auf ein stimmungsvolles, reichhaltiges Gitarrenspektrum gesetzt: Düstere Collagen tauschen sich mit knallenden, abartig thrashigen Riffs aus, des Öfteren werden auch Melodien verwendet, die an eine Mischung zwischen Strid und Taake erinnern - ein absoluter Traum für Nostalgiker. Leider endet kaum ein harmonisches Solo nicht in einem wildem, etwas unpassendem Griffbrett-Rumgetanze. Zum Glück verhindert das altersschwache Kassettenband, dass jene Ausfälle allzu viele Aufmerksamkeit erhaschen. "Moonlit Eyes" offenbart schließlich, wohin es die Norweger auf ihrem nächsten Streich verschlagen hat: vermehrte, eher unnötige Death Metal-Einflüsse. Diese werden glücklicherweise von der schwarzstählernen Übermacht locker überboten. Im Prinzip also ein Kleinod mit dementsprechend kleinen Abstrichen. (8 Punkte) "The Savage Heart" wäre sicherlich eine nette Angelegenheit gewesen, wenn die bessere Vorgeschichte nicht schon zeigt, dass Gravferd eher in tiefschwarzen Sphären zu Hause sind. Zieht man die (auch nur noch mehr stellenweise) fiesen Krächzer ab, haben wir ein Brett, in das thrashige und todesmetallische Nägel eingehämmert wurden. Vom Produzenten in triefend fette Gewänder eingehüllt, wissen Beiträge wie das abwechslungsreich aufgebaute "Wishing Hell" den Hörer die letzten zwanzig Minuten über wach zu halten, ansonsten können nur noch herausgepickte Stellen begeistern. Am Ende bleibt demnach ein glanzloser Abschluss, der trotz zweifelsfrei netter Ausarbeitung keine wirkliche Substanz für einige Wochen bietet. (6 Punkte) FAZIT: Sieht man von den einigermaßen lahmen Stücken auf "The Savage Heart" ab, bleibt eine mal zur Abwechslung anschaffungswerte Compilation, die vor allem für Schatztruhen-Forscher und unerschütterliche Skandinavien-Fans unentbehrlich ist. Endlich bekommen Gravferd langsam die Aufmerksamkeit, die ihnen schon längst zuteil hätte werden sollen!
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